Wir durften beim diesjährigen Ausbildertreffen des VDST wieder einen spannenden Vortrag über die Suche nach Vorpostenboot halten. Mit fast 300 Zuhörern war der Chemie-Vorlesungssal der Uni Hannover brechend voll.
Schon lange suchen wir nach dem Vorpostenboot V812, das im zweiten Weltkrieg 1944 irgendwo zwischen Ems und Elbe verloren ging. Das Schiff hatte einen Maschinenschaden und wurde von einem weiteren Vorpostenboot, der V810, geschleppt.
Der Schleppverband befand sich in Höhe von Norderney, als britische Kampfbomber gegen sieben Uhr morgens angriffen. Die Vorpostenboote versuchten noch, sich mit Flakgeschützen zu verteidigen. Aber es war erfolglos. Beide Schiffe wurden an diesem schicksalhaften 22 Juli versenkt.
Wir kannten bereits das Wrack der schleppenden V810. Aber von V812 fehlte jede Spur. Wenn sie geschleppt wurde, warum lag sie dann nicht in unmittelbarer Nähe zur V810?
Die Position
Wir hatten den Strömungssensor entwickelt, um die Strömung an Wrack V810 zu untersuchen.
Doch wir hatten unverschämtes Glück: Der Sensor riss im Januar 2019 ab, tauchte auf und wurde auf Langeoog angespült. Eine Frau fand ihn und schickte ihn uns zu. (Link zu dem Thema)
Der Datensatz war schon sehr aufschlussreich. Aber Folgendes war noch verblüffender: Auf dem Weg nach Langeoog trieb der Sensor genau über die Wrackposition eines nicht identifizierten Wracks.
Sollte hier etwa die V812 liegen, die wir schon so lange gesucht hatten? Wir rechneten nach und tatsächlich: Das manövierunfähige Schiff konnte ohne weiteres die 6,6km in der Strömung treibend zurückgelegt haben, ehes von Britischen Bombern erneut angegriffen und versenkt wurde.
Auf geht’s!
Thorsten wartet auf Ollis Zeichen, die Markierungsboje in das Wrack zu werfen.
Konzentration beim letzten Check der Ausrüstung.
Haufenweise Flak-Munition
Der Drehkranz eines Geschützes
Poller
Gespentische Eindrücke – ganz nach unserem Geschmack 🙂
Nach dem Tauchgang: Erschöpft und glücklich
74 Minuten in 25m Wassertiefe
Der perfekte Tag!
Die obligatorische ‘Melone danach’ 😉
Die Untersuchung
Wie es sich für Profis gehört, haben wir das Wrack gründlich untersucht und dokumentiert.
Das deutsche Schifffahrtmuseum wurde um Unterstützung gebeten. Sie hatten noch Zeichnungen und Fotos des Bootes, das 1930 als Hochseefischdampfer ‘Amtsgerichtsrat Pitschke’ gebaut wurde.
Die Zeichnungen und Fotos konnten wir mit unserem Wrackfund vergleichen und das Wrack damit eindeutig identifizieren.
Wir wollen die Strömung am Wrack untersuchen. Uns interessiert dabei insbesondere die Strömung, die während des sog. Stillwassers auftritt. Nur in diesem Zeitfenster von ca. 60 Minuten können wir tauchen.
Im Juni hatten wir die erste Version des Strömungssensors installiert und ihn im Oktober getauscht (Hier weitere Infos vom Sommer).
Es war geplant, dass der Sensor über die Wintermonate installiert bleibt und wir ihn im Frühjahr bergen würden.
Lost & Found – Glück im Unglück
Anfang Januar erreichte uns eine eMail von einer netten Dame von Langeoog:
“ Moin Herr Buss, Wir haben am Strand einen gelben Sensor gefunden. Diesen brauchen sie sicher zum Auslesen der Daten? Mit freundlichen Grüßen “
Da hatte sich der Sensor bei Sturm los gerissen und wurde prompt gefunden!
Zum Glück hatten wir den Sensor beschriftet mit:
“Sensor, do NOT open!” und einer eMailadresse.
Drei Tage später hatten wir den Sensor per Post also wieder 🙂
Wir konnten anhand der Daten rekonstruieren, wann der Sensor abgerissen und angespült wurde:
Am 8.01.2019 um 4:40 riss er ab. Dann trieb er ca. 20 Stunden durch die Nordsee und landete am 9.01. um 0:30 auf Lageoog. 14km hatte er dabei zurück gelegt. Noch am selben Vormittag wurde er dann gefunden.
Da war das Glück mal wieder auf unserer Seite!
Hier ist der Sensor angespült worden.
Auswertung der Strömungsdaten
Durch den unglaublichen Zufall ist es uns möglich, die Daten bereits jetzt auszuwerten. Wir müssen jetzt im Frühjahr nicht als erstes zum Wrack V810 fahren und den Sensor bergen. Wenn wir den Sensor erneut platzieren, werden wir ihn nächstes mal an einem anderen Wrack befestigen.
Temperatur:
Strömung:
Hier sieht man die Strömungsdaten über die beiden Zeiträum
Wetter / Wind
Schlechtes Wetter bzw. Wind wirkt sich auch stark auf die Strömung am Wrack aus.
Die haben uns einen Streich gespielt!
Im Zeitraum 26.-28.08.2018 lieferte der Sensor keine Strömungsdaten. Der Grund war unglaublich: ein Niederländisches Tauchteam hat den Sensor entdeckt und mitgenommen. Als ihnen später bewusst wurde, das es ein wichtiger Sensor war, brachten sie ihn nach zwei Tage zurück und befestigten ihn wieder anständig.
Die niederländischen Taucher haben unseren Sensor für zwei Tage gekidnappt und eine Visitenkarte nebst Gezeitentabelle hineingetan.
Ergebnisse
Der Sensor lieferte uns wichtige Daten zum Verständnis der Strömung. So können wir nun in Zukunft besser voraussagen, wann der optimale Zeitpunkt zum Tauchen ist.
Außerdem können wir nun berechnen, an welchen Tagen wir mit weniger Strömung in unserem Stillwasser-Zeitfenster haben.
Video
Untersuchungsbericht
Wer ganz genau wissen will, was und wie wir gemessen haben, der kann sich den Bericht ansehen: Download
Zum Abschluß des Jahres 2018 haben wir noch einmal einen wunderschönen Oktobertag erwischt.
Unser Ziel für heute ist das Vorpostenboot 810 vor Langeoog.
Geradezu ideal um mit Geronimo noch eine letzte Fahrt zu machen.
Wir wollen den Strömungssensor bergen und auswerten, einen neuen montieren und den momentanen Zustand des Wracks dokumentieren.
Im Video ist der Räumotter gut zu erkennen, er sitzt am Bug des Wracks. Die beiden großen Anker sitzen seitlich am Bug. Das beeindrucken große Geschütz, das inzwischen in die Decksplatten einsackt ist.
Die eingefallenen Decksplatten aus Stahl, ragen nun Messerscharf aus dem Rumpf des Schiffes. Das in sich zusammengebrochene Mittelschiff, sieht aus, wie ein großes Trümmerfeld.
Das Heck haben wir noch nicht gefunden……ist aber bestimmt da 🙂
Das Mercedes Magazin berichtet hin und wieder von Abenteurern und ihren Autos.
Dieses mal sind wir die Abenteurer 🙂
In dem Magazin, das weltweit in verschiedenen Sprachen erscheint, wird spannend über unser Hobby berichtet.
Die Unterwasserwelt in der Nordsee hat mehr zu bieten, als altes Eisen.
Biologe Dr. Alexander Stollenz hat uns in einem spannenden zweitägigen Seminar auf Borkum viel über
Ökosystem
Umweltfaktoren
Stoffkreisläufen
Nahrungsketten
Räuber-Beute Verhältnisse
Anpassungen der Lebewesen an den Lebensraum
Ökologische Nischen
und unzähliges mehr…
beigebracht.
Anschliessend ging es ins Wasser, wo die Teilnehmer Lebewesen beobachten, dokumentieren und Fotografieren sollten.
Am zweiten Tag wurden dann die Ergebnisse ausgewertet und besprochen.
Alle Taucher gelangten zu der Erkenntnis, dass die Fauna und Flora der Nordsee erstaunlich vielfältig ist und sich unter der Oberfläche ein ganz erstaunlicher Lebensraum verbirgt.
Diese fossile Muschel soll angeblich etwa 120.000 (!) Jahre alt sein! Solche Muscheln können heute noch immer an den Stränden der Nordsee gefunden werden. Sie stammen aus dem sog. Eem-Meer.
Wie der Name unserer Gruppe schon sagt: Die Gezeiten sind für uns ein zentrales Thema.
Nur zu dem Zeitpunkt wenn die Tide kentert ist es uns möglich, zu tauchen.
Außerhalb dieses Zeitfensters ist die Strömung durch Ebbe und Flut viel zu stark.
Wir richten uns zwar immer nach den offiziellen Gezeitenkalendern der Ostfriesischen Inseln, haben aber dabei immer wieder erhebliche Abweichungen beobachtet.
Nun wollen wir diese Effekte genauer untersuchen und haben dafür einen Sensor entwickelt.
Erwird in ca. 25m Wassertiefe am Wrack befestigt und zeichnet die Strömung, die Wassertemperatur und die Uhrzeit auf.
Video
Funktionsmuster
Das erste Funktionsmuster – hier noch per Hand verdrahtet
Kleinserie
Test
Am 22.05.2018 konnten wir den Sensor am Wrack befestigen.
Ein Kamerateam vom NDR war dabei und hat gefilmt.
Tausch des Sensors und Auswertung
Bereits nach acht Tagen erlaubten es die Wetterbedingungen, erneut zum Wrack zu fahren.
Wir konnten den Sensor austauschen. Die Ergebnisse sind vielversprechend.
Die Strömungen des Gezeitenwechsels lassen sich deutlich erkennen.
Wir haben einen Algorithmus erstellt, der aus den geloggten Daten die Zeitfenster für das Stauwasser bestimmen kann.
An der nächsten Version des Sensors werden wir nur geringe Modifikationen vornehmen müssen.
Lediglich die Messdauer werden wir von zwei auf vier Sekunden erhöhen und die Auflösung der Winkelmessung vergrößern.
Dadurch werden die Daten weniger rauschen und noch genauer sein.
Die Verbandszeitschrift des VDST ist die auflagenstärkste Fachzeitschrift über den Tauchsport in Deutschland.
Es hat uns besonders gefreut, dass der Unterwasserarchäologe Elmar Klemm so ausführlich berichten konnte. Link